Anämie - Symptome, Diagnostik, Therapie | Gelbe Liste (2024)

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Der häufige Befund „Anämie“ kann vielfältige Ursachen haben und bringt oft Symptome wie Müdigkeit, Blässe und Abgeschlagenheit mit sich. Charakteristische laborchemische Konstellationen liefern Hinweise auf die Ätiologie und damit auf die Therapie der Anämie.

Anämie: Übersicht

Diagnostik

Therapie

Prophylaxe

Hinweise

ICD-10 Code

  • D55-D59 - Hämolytische Anämien
  • D60-D64 - Aplastische und sonstige Anämien
  • D50-D53 - Alimentäre Anämien

Anämie - Symptome, Diagnostik, Therapie | Gelbe Liste (1)

Definition

Unter einer Anämie versteht man die Verminderung des Hämoglobinwertes, des Hämatokrits und/oder der Erythrozytenzahl. In Abhängigkeit von Geschlecht und Alter gibt es verschiedene Normbereiche, die in besonderen Situationen – z. B. während einer Schwangerschaft – adaptiert werden müssen [2]:

  • Hämoglobin
    o Männer <14 g/dl, Frauen <12,3 g/dl
  • Hämatokrit
    o Männer <42%, Frauen <37%
  • Erythrozytenzahl
    o Männer <4,5 Mio./µl, Frauen <4,0 Mio./µl

Epidemiologie

Bei der Anämie handelt es sich um die häufigste Blutbildveränderung, wobei die Eisenmangelanämie die mit Abstand häufigste Form der Blutarmut darstellt. Nach Schätzungen der WHO sind ca. 42% der Kinder unter 5 Jahren sowie 40% aller schwangeren Frauen von einer Anämie betroffen [1].

Ursachen

Die Ursachen von Anämien sind vielfältig und lassen sich grob in 2 große Bereiche einteilen: Grund für Blutarmut ist entweder ein vermehrter Abbau bzw. der Verlust von Blut oder eine gestörte Erythropoese mit verminderter Bildung von Hämoglobin.

Anämien durch erhöhten Erythrozytenverlust können bei akuten oder chronischen Blutungen entstehen. Andere Ursachen sind der vermehrte Erythrozytenabbau durch Hämolyse z. B. im Rahmen von Hämoglobinopathien (z. B. Thalassämie oder Sichelzellanämie) oder Membrandefekten (z. B. Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel). Als weitere Ursache sind die extrakorpuskulären hämolytischen Anämien zu benennen: Die Hämolyse kann hierbei autoimmunhämolytisch (z. B. durch Kälte-/ Wärmeantikörper), alloimmunhämolytisch (z. B. bei AB0-Inkompatibilität) oder z. B. durch Infekte und mechanische Schädigungen getriggert sein.

Störungen der Erythropoese, die zu Anämien führen können, treten in verschiedenen Phasen der Blutbildung auf. Bei myelodysplastischen Syndromen oder aplastischen Anämien handelt es sich um klonale Erkrankungen der hämatopoetischen Stammzellen. Maligne Erkrankungen wie Leukämien oder Metastasen können die Erythropoese im Knochenmark verdrängen und so ebenfalls letztlich in einer Anämie resultieren.

Auch bei einer Knappheit von essenziellen Ausgangsstoffen (z. B. Folsäure, Vitamin B12) kann es zu verminderter Zellbildung kommen. Bei renalen Anämien führt ein Mangel an Erythropoetin zur Blutarmut. Der häufigste Grund für Anämien ist jedoch eine reduzierte Hämoglobinsynthese aufgrund von Eisenmangel. Des Weiteren kann es im Rahmen von chronischen Erkrankungen oder Tumorerkrankungen zu Eisenverwertungsstörungen kommen [2].

Pathogenese

Bei der Suche nach Erklärungen für eine Blutarmut hilft die Unterscheidung in mikro-, normo- und makrozytäre Anämien, da dies Hinweise auf die Pathophysiologie des Geschehens liefern kann.

Mikrozytäre, hypochrome Anämie

Wenn die Anzahl an Erythrozyten grundsätzlich ausreicht, aber es an genügend Hämoglobin fehlt, um die vorhandenen Blutkörperchen damit zu beladen, spricht man von einer mikrozytären, hypochromen Anämie. Laborchemisch sind MCV („mean corpuscular volume“) und MCH („mean corpuscular haemoglobin”) vermindert.

Typische Ursachen sind Eisenmangel (Ferritin ist erniedrigt), eine Anämie chronischer Genese (Ferritin ist erhöht) oder die Thalassämie (Im Blutbild finden sich Hämolysezeichen).

Makrozytäre, hyperchrome Anämie

Bei der makrozytären, hyperchromen Anämie können nicht genügend Zellen gebildet werden, weshalb die wenigen Erythrozyten besonders stark mit Hämoglobin beladen werden. In der Blutkontrolle sind die Werte MCV und MCH erhöht.

Ätiologisch kommt ein Mangel an Folsäure oder Vitamin B12 in Frage. Prinzipiell ist sowohl an eine verminderte Zufuhr (wie z. B. bei Mangelernährung bei Alkoholabusus) oder an Malassimilation (z. B. bei Morbus Crohn) zu denken. Eine weitere Ursache ist z. B. das myelodysplastische Syndrom, bei dem ggf. auch weitere Zellreihen erniedrigt sind.

Normozytäre, normochrome Anämie

Werden Erythrozyten prinzipiell korrekt gebildet und ausreichend mit Hämoglobin beladen, aber sind sie dennoch in ihrer Gesamtzahl vermindert, spricht man von einer normozytären, normochromen Anämie. Laborchemisch sind MCV und MCH unauffällig.

Bei einer zusätzlichen Verminderung der Retikulozyten (d. h. den Vorläuferzellen der Erythrozyten) kommt vor allem eine renale oder aplastische Anämie in Frage. Bei renalen Anämien sind Retentionsparameter häufig erhöht und das Erythropoetin ist vermindert, während das Krankheitsbild der aplastischen Anämie oft auch weitere verminderte Zellreihen mit sich bringt. Sind die Retikulozyten jedoch erhöht, könnte eine akute Blutung oder eine hämolytische Anämie Grund für die Anämie sein [2,3].

Symptome

Typische Symptome einer Anämie sind Blässe, Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen. Da die Sauerstoffversorgung des Gewebes eingeschränkt ist, kommt es manchmal zu Belastungsdyspnoe. Kompensatorisch kann zudem die Herzfrequenz erhöht sein. Besteht eine chronische Anämie, sind die Betroffenen häufig bereits an die Blutarmut adaptiert und eine Routineuntersuchung deckt die Anämie als Zufallsbefund auf [2].

Diagnostik

Eine Anämie ist zunächst ein laborchemischer Befund und noch keine Diagnose. Sowohl die klassische Symptomatik als auch auffällige Blutbildveränderungen mit Hämoglobinwerten unter dem Normbereich oder einem zügigen Hämoglobinabfall von > 1 g/dl sollten daher eine ausführliche Diagnostik nach sich ziehen.

Bei der Anamnese gilt es, Risikofaktoren wie Essgewohnheiten, Vorerkrankungen und Operationen, Blutungen (inkl. gynäkologischer Anamnese) und Medikamenteneinnahmen abzufragen. Ein besonderes Augenmerk sollte zudem auf der B-Symptomatik (Fieber, Nachtschweiß, ungewollter Gewichtverlust) liegen, um z. B. maligne Erkrankungen des blutbildenden Systems nicht zu verpassen.
In der körperlichen Untersuchung sollte auf Auffälligkeiten wie Blässe oder einen Ikterus geachtet werden; hämatologische Systemerkrankungen können sich z. B. in Lymphknotenschwellungen oder einer Splenomegalie manifestieren.

Bei verminderter Blutviskosität und erhöhter Flussgeschwindigkeit aufgrund des erhöhten Herzzeitvolumens kommt es zu Turbulenzen. In der Auskultation ist in manchen Fällen daher ein sog. „funktionelles Systolikum“ zu hören.

Die wichtigste Untersuchung zur Diagnose und Differentialdiagnose von Anämien ist jedoch die Laboruntersuchung. Neben einem großen Blutbild inclusive der Werte MCH, MCV und der Retikulozytenzahl können Entzündungsparameter, Leberwerte und Retentionsparameter bei der richtigen Diagnosestellung helfen. Ein zusätzlich nützlicher Parameter ist die RDW („Red Blood Cell Distribution Width“), ein Maß für die Größenverteilung der Erythrozyten [2].

Therapie

Die Therapie von Anämien richtet sich nach der Grunderkrankung. Beispiele sind die Substitution von Eisen-, Folsäure oder Vitamin B12 oder die Blutstillung bei akutem Blutverlust [2]. Bei schwerwiegenden Anämien kann in der Zusammenschau mit dem klinischen Zustand der Betroffenen zudem eine Bluttransfusion in Erwägung gezogen werden [4].

Prophylaxe

Ein beeinflussbarer Faktor, der ggf. zu einer Anämie führen kann, ist die Ernährung. Besonders bei vegetarischen und veganen Kostformen und in der Schwangerschaft bei erhöhtem Folsäurebedarf sollte auf eine ausreichende Zufuhr von Eisen, Vitamin B12 und Folsäure geachtet werden.

Hinweise

Häufige Vorstellungsgründe in allgemeinmedizinischen Praxen sind Müdigkeit und Erschöpfung. Auch wenn diese Symptome prinzipiell zu dem Befund einer Anämie passen, ist es wichtig zu erwähnen, dass Anämien erst ab Werten von < 10 g/dl leichte Symptome verursachen. Bluttransfusionen oder Vitamintabletten zur Anhebung des Hämoglobinwertes sind in diesem Fall also nicht pauschal sinnvoll oder zielführend und es sollte nach weiteren Ursachen für die Symptome gefahndet werden [2].

Autor:

Mathilda Recht

Stand:

09.10.2023

Quelle:

  1. World Health Organization (WHO) (2022): Anaemia.
  2. Arastéh et al. (2018): Innere Medizin. Duale Reihe. Thieme, DOI: 10.1055/b-005-145255
  3. Battegay E. (2017): Differenzialdiagnose Innerer Krankheiten. Vom Symptom zur Diagnose. Thieme, DOI: 10.1055/b-004-129980
  4. Bundesärztekammer, Leitlinie, 21. August 2020
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  • Anämie - Symptome, Diagnostik, Therapie | Gelbe Liste (2024)

    FAQs

    Anämie - Symptome, Diagnostik, Therapie | Gelbe Liste? ›

    Typische Symptome einer Anämie sind Blässe, Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen. Da die Sauerstoffversorgung des Gewebes eingeschränkt ist, kommt es manchmal zu Belastungsdyspnoe. Kompensatorisch kann zudem die Herzfrequenz erhöht sein.

    Welche Diagnostik bei Anämie? ›

    Großes Blutbild: Das große Blutbild mit den Parametern Erythrozyten, Leukozyten, Thrombozyten, Hämoglobin, Häma- tokrit, MCV, MCH, MCHC, neutrophile, eosinophile und baso- phile Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten, dient der Einstiegsdiagnostik bei Verdacht auf Anämie.

    Wie finde ich heraus ob ich Anämie habe? ›

    Diagnostiziert wird die Anämie mit einer Messung des Hämoglobins im Blut. Liegt eine Anämie vor, ist es entscheidend, die Ursache der Anämie zu finden. Dazu werden weitere Abklärungen durchgeführt. Zur Abklärung eines Eisen- oder Vitamin-B12-Mangels werden Eisengehalt oder Vitamin-B12-Gehalt des Blutes bestimmt.

    Welche 3 Anämien gibt es? ›

    Dabei werden Anämien anhand des MCV in mikrozytäre, normozytäre und makrozytäre Anämien eingeteilt. Anhand des MCH ist eine Einteilung in hypochrome, normochrome und hyperchrome Anämien möglich.

    Was ist das beste Mittel gegen Blutarmut? ›

    Achten Sie auf eine gesunde Lebensweise mit ausreichend Schlaf sowie Bewegung und eine ausgewogene Ernährung. Besonders eisenhaltig sind zum Beispiel Lebensmittel wie Fleisch, Mangold, Haferflocken oder Erdbeeren. Dadurch unterstützen Sie Körper und Herz.

    Was für Medikamente bei Anämie? ›

    Epoetin alfa gehört zur Arzneistoffklasse der Biosimilars und wird vor allem zur Behandlung von Anämie (Blutarmut) eingesetzt. Der Wirkstoff ist ein synthetisch generiertes Erythropoietin-Derivat, das die Bildung von roten Blutzellen (Erythrozyten) im Knochenmark stimuliert.

    Welche Blutwerte auffällig bei Anämie? ›

    Welche Blutwerte hat man bei einer Anämie? Bei einer Anämie sind die Blutwerte für Hämoglobin, Hämatokrit und die Erythrozyten (roten Blutkörperchen) erniedrigt. Bei einer Eisenmangelanämie sind zudem das Ferritin im Serum erniedrigt und das Transferrin ernöht.

    Was soll man trinken bei Blutarmut? ›

    Vitamin C steigert die Eisenaufnahme aus der Nahrung. Es empfiehlt sich daher Fruchtsäfte oder –Schorlen zu den Mahlzeiten zu trinken. Kaffee, Tee, Milch und Kakao, Cola oder auch Rotwein hemmen die Eisenaufnahme. Auf diese Getränke sollte, vor allem zu den Mahlzeiten, möglichst verzichtet werden.

    Was passiert wenn eine Anämie nicht behandelt wird? ›

    Ein durch Anämie bedingter Sauerstoffmangel kann unbehandelt zu starken Beschwerden, aber auch zu Organschäden, unter anderem an Herz oder Lunge führen.

    Wo juckt es bei Eisenmangel? ›

    Eisenmangel bewirkt häufig einen Juckreiz nicht nur im Genitalbereich, sondern am ganzen Körper und ruft zudem trockene Haut, Blässe und Einrisse an den Mundwinkeln hervor.

    Welche Krankheiten lösen Anämie aus? ›

    Die häufigsten Anämieursachen bei älteren Patienten sind chronische Erkrankungen (Anämie als Folge chronischer Erkrankungen: chronische Entzündung, Infektion oder Krebs) und Eisenmangel (Eisenmangelanämie), der durch ungewöhnliche Blutungen verursacht wird.

    Ist Anämie gleich Leukämie? ›

    Blutarmut (Anämie), Infektionen und erhöhte Blutungsneigung können die Folge und zugleich auch das erste Anzeichen einer Leukämie sein. Da Leukämien von Anfang an nicht auf eine bestimmte Stelle im Körper begrenzt sind, werden sie auch als bösartige Systemerkrankungen bezeichnet.

    Sind Anämie und Eisenmangel das gleiche? ›

    Weltweit ist die Eisenmangelanämie die häufigste Form der Anämie (Blutarmut). Durch Eisenmangel wird die Produktion des roten Blutfarbstoffes, des Hämoglobins, gestört. Er ist der Hauptbestandteil der roten Blutkörperchen (Erythrozyten).

    Was macht der Arzt bei einer Anämie? ›

    Ihr Arzt befragt Sie zu Ihren Symptomen und nimmt aufgrund Ihrer Beschwerden gezielte körperliche Untersuchungen vor. Der Arzt veranlasst außerdem eine Blutanalyse im Labor, um die Hämoglobin-Konzentration in Ihrem Blut zu überprüfen.

    Wie lange dauert es eine Anämie zu beheben? ›

    Bei einer Eisenmangelanämie tritt bei der Gabe von Eisenpräparaten eine rasche Besserung ein: Schon eine Woche nach Beginn der Einnahme steigen die Zahl der Retikulozyten und der Hämoglobinwert. Bis ein Ferritin-Wert von etwa 100 Mikrogramm pro Liter erreicht ist, dauert die Behandlung circa sechs Monate.

    Kann Blutarmut behandelt werden? ›

    Die Ursache einer Anämie ist häufig ein Eisenmangel. Die Folgen sind Blässe, Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und allgemeine Schwäche. Meist lässt sich eine Blutarmut gut behandeln.

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    Author: Pres. Carey Rath

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